Stefan Pogatscher, assoziierter Professor an der Montanuniversität Leoben, erhält den mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) und holt damit erstmals diese prestigeträchtige Auszeichnung an die Montanuniversität Leoben. Er wird damit die Bewegung von Atomen in Metallen untersuchen.
Fast alle Materialien zeigen Nicht-Gleichgewichtsphasenübergänge, über welche viele technologisch wichtige Eigenschaften (z.B. Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit, magnetische Eigenschaften usw.) eingestellt werden. Eine Schlüsselfrage der Materialwissenschaft ist es zu verstehen, wie schnell diese Übergänge auftreten und damit die gewünschten Eigenschaften erreicht werden können. In Metallen ist diese Geschwindigkeit über fehlende Atome geregelt. Der Mechanismus funktioniert wie ein mit Figuren besetztes Schachbrett, wobei die Figuren die Atome im Material darstellen. Sind alle Felder besetzt, können sich die Figuren nicht bewegen. Nur wenn Figuren fehlen sind diese beweglich. Obwohl der Mechanismus Mitte des letzten Jahrhunderts entdeckt wurde, gibt es bis heute in Nicht-Gleichgewichts-Situationen keine allgemein gültigen Berechnungsmodelle, weil eine indirekte oder direkte Beobachtung der fehlenden Atome bei industriell relevanten Bedingungen aufgrund deren Geschwindigkeit und der Lokalisierung auf einzelne Atompositionen nicht möglich war. Pogatscher möchte diese Limitierungen nun aushebeln.
Einerseits verwendet er ultraschnelle Chip-Kalorimetrie, um die Geschwindigkeit dieser Reaktionen im Nicht-Gleichgewicht zu messen und die Entwicklung der Anzahl an fehlenden Atomen indirekt zu bestimmen. Auch soll die neuartige Technik der Chip-Kalorimetrie als Standard für die thermische Analyse von Metallen etabliert werden.
Andererseits ist es das Ziel, sehr lokal mittels Raster-Transmissionselektronenmikroskopie die Bewegung einzelner fehlender Atome in Metallen zu filmen, womit diese erstmals direkt bei deren Arbeit des Transports von Atomen beobachtet werden können.
Das Projekt schließt eine über ein halbes Jahrhundert bestehende Lücke zwischen Theorie und Experiment. Aus den Erkenntnissen sind erhebliche Auswirkungen auf die Optimierung und Gestaltung neuer Prozesse und Produkte im Bereich der Metallurgie, aber auch in der Materialwissenschaft insgesamt, zu erwarten.